12.12.2024
Autor: Ben Conrady
High-Intensity Training hält das Herz jung
In aller Kürze:
Eine Studie zeigt, dass hochintensives Ausdauertraining den Alterungsprozess des Herzens umkehren kann, was besonders wichtig ist, da ein gesundes Herz maßgeblich zur allgemeinen Lebensqualität und körperlichen Leistungsfähigkeit beiträgt.
Die Trainingsgruppe absolvierte über 2 Jahre ein progressives Ausdauer- und Krafttrainingsprogramm.
Ergebnisse zeigten eine 18%ige Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme und reduzierte linksventrikuläre Steifigkeit.
Das "Herz-Alter" der Trainingsgruppe verjüngte sich um bis zu 20 Jahre im Vergleich zur Kontrollgruppe.
Intensives Training ist besonders effektiv im mittleren Alter, wenn das Herz noch eine hohe Anpassungsfähigkeit besitzt.
Regelmäßiges, hochintensives Training ist entscheidend für ein gesundes Herz und kann kardiale Alterungsprozesse verlangsamen.
Es ist nie zu spät, mit einem aktiveren Lebensstil zu beginnen. Besonders im mittleren Alter befindet man sich in einem "Sweet Spot" für Anpassungen durch Training.
Wie hochintensives Training den Alterungsprozess unseres Herzens umkehren kann
Die Probleme, die ein inaktiver Lebensstil mit sich bringen kann – Muskelabbau, Degeneration und gesundheitliche Risiken – sind den meisten bekannt. Doch was die wenigsten bedenken: Mangelnde Belastung betrifft nicht nur Muskeln und Gelenke, sondern kann auch das Herz beeinträchtigen. Typische Beschwerden wie Knie-, Hüft- oder Rückenschmerzen sind oft die Folge eines inaktiven Lebensstils. Doch auch das Herz, unser "wichtigster Muskel", leidet unter unzureichender Belastung. Dies führt langfristig zu einem systemischen Abbau, einer sinkenden Belastbarkeit und schlechteren Körperwerten. Zwar kann regelmäßiges, progressives Krafttraining den meisten Muskel- und Gelenkbeschwerden vorbeugen und hat auch eine systemische Wirkung auf die kardiovaskuläre Gesundheit wie Gefäßgesundheit, Blutdruckregulation und das Pumpvolumen, dennoch kann es eine gezielte Belastung des Herzens mit Ausdauertraining nicht ersetzen.
Eine Studie aus jüngerer Vergangenheit zeigte anschaulich, dass regelmäßiges hochintensives Ausdauertraining den natürlichen Alterungsprozess unseres Herzens tatsächlich umkehren und deutlich verlangsamen kann. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen dieser Studie sollen Inhalt dieses Beitrags sein.
Der Aufbau der Studie
In der Studie wurden 61 gesunde, aber inaktive Teilnehmer im Alter von 45–64 Jahren entweder einer Trainings- oder einer Kontrollgruppe zugeteilt. Während die Trainingsgruppe über 2 Jahre ein anspruchsvolles, progressives Ausdauertrainingsprogramm mit einer Gesamtdauer von 4–5 Einheiten pro Woche absolvierte, führte die Kontrollgruppe nur leichte Übungen wie Stretching, Balanceübungen und lockeres Aerobic durch.
Das Ausdauertraining war in mehrere Phasen unterteilt – angefangen mit einer Basis-Ausdauerphase, gefolgt von einer progressiven Steigerung mit hochintensivem Intervalltraining (z. B. 4x4 Minuten bei bis zu 95 % der maximalen Herzfrequenz) und einer abschließenden Erhaltungsphase. Zusätzlich absolvierten die Teilnehmer zweimal wöchentlich Krafttraining.
Die Ergebnisse: Herzalterung umgekehrt
Die Resultate der Studie sind beeindruckend: Die Trainingsgruppe verbesserte ihre maximale Sauerstoffaufnahme um 18 % und reduzierte die linksventrikuläre Steifigkeit ihrer Herzen signifikant. Der linke Ventrikel wird in der Entspannungsphase des Herzens mit sauerstoffreichem Blut aus der Lunge gefüllt. Eine flexible Kammer kann mehr Blut aufnehmen, wodurch mit jedem Herzschlag eine größere Menge Sauerstoff in den Körper gelangt. Weniger Flexibilität hingegen, also eine erhöhte Steifigkeit, wurde in der Studie mit einer frühzeitigen Abnahme der körperlichen Belastbarkeit und einer kürzeren Lebenserwartung in Verbindung gebracht.
Das hochintensive Intervalltraining führte zu einem stark erhöhten Anspruch an das Herz, viel Blut zu pumpen, was den entscheidenden Reiz für die Ummodellierung und Verjüngung der Herzkammern lieferte. Wie bei jedem Muskel muss also auch das Herz mit ausreichender Intensität belastet werden, um stärker zu werden und seiner Aufgabe besser nachkommen zu können.
Für die Teilnehmer bedeuteten die Effekte der Studie, dass sich ihr "Herz-Alter" im Vergleich zur Kontrollgruppe um bis zu 20 Jahre verjüngte! Die Kontrollgruppe zeigte zwar anfänglich leichte Verbesserungen, diese nahmen jedoch wieder ab – ein Zeichen dafür, dass nur moderates Training nicht ausreichend ist.
Der Schlüssel: Intensives Training bis ins hohe Alter
Frühere Studien deuteten bereits darauf hin, dass eine durch Inaktivität gesteigerte Steifigkeit der Herzkammern bei Personen über 65 Jahren kaum noch reversibel ist. Die Compliance (Flexibilität) unseres Herzens nimmt ab diesem Alter rapide ab, sofern wir keinen aktiven Lebensstil pflegen.
Die Teilnehmer dieser Studie im Alter zwischen 45–64 Jahren befanden sich hingegen noch in einer entscheidenden Übergangsphase mit vorhandener kardialer Plastizität, also dem Potential zur Anpassung. Sie befanden sich damit laut den Wissenschaftlern in einem "Sweet Spot", um die Alterung ihres Herzens noch umzukehren. Darüber hinaus zeigte sich, dass Personen mit langjähriger sportlicher Aktivität im Alter eine deutlich höhere Plastizität und ein geringeres Risiko für Herzinsuffizienz aufweisen.
Fazit: Es ist nie zu spät, mit Training zu starten
Die Ergebnisse sind ein Weckruf für uns alle: Ein aktiver Lebensstil mit regelmäßigem, hochintensivem Training ist einer der Schlüssel für ein gesundes Herz und kann sogar kardiale Alterungsprozesse verlangsamen oder rückgängig machen. Für den Einstieg eignen sich Programme mit einer Mischung aus moderatem Ausdauertraining und gelegentlichen hochintensiven Intervallen. Schon drei bis vier Einheiten pro Woche können signifikante Verbesserungen bewirken. Am effektivsten ist dies im mittleren Alter, bevor es für diese Umkehrung zu spät ist.
Während der eine oder andere vielleicht denkt: "Zu spät, ich hab's verpasst", zeigt diese Studie: Es ist nie zu spät, einen aktiveren Lebensstil anzunehmen. Egal in welchem Alter, die positiven Effekte werden schnell spürbar sein. Der erste Schritt zu einem "jüngeren" Herzen beginnt damit, regelmäßiges Training in den Alltag zu integrieren – und dabei nicht dort aufzuhören, wo es noch angenehm oder leicht anstrengend ist, sondern die Belastungsgrenze bewusst zu erreichen.